Zwischen Bierpong und Bachelorarbeit…
Niederrhein im Blick,

Kempen. Herbst ist Lesezeit. Wenn Regen an die Fenster klopft und die Welt draußen langsam stiller wird, ist die richtige Zeit für Geschichten, die den Leser davontragen. Zwei neue Jugendromane aus und über Kempen nehmen junge, aber auch ältere Leser mit auf eine Reise durch die schwierigen Fragen des Erwachsenwerdens. NiB sprach mit den Autoren.
„Ich sehe (das) ANDERS“ – das ist der Titel eines Jugendbuchs von Carmina R. Grundmann. Sie verbrachte einen Teil ihrer Kindheit am Niederrhein, dort, wo das Buch verortet ist. „Die Felder und Wäldchen rund um Klixdorf waren mir Spielplatz und Fahrradarena, das wunderschöne Städtchen Kempen Ort des Lernens auf allen Ebenen“, erzählt die Autorin, die heute mit ihrer Familie in Odenthal lebt.
„Die Grundschulzeit habe ich sehr intensiv in Erinnerung, ich hatte eine sehr engagierte und liebevolle Lehrerin. Ihr nachstrebend stand daher für mich sehr bald mein Berufswunsch fest. Und obschon ich bereits nach dem 5. Schuljahr wieder wegziehen musste, habe ich noch heute Briefkontakt zu meinem Gymnasial-Klassenlehrer, der mich in seiner Anthropologie sicher auch sehr geprägt hat“, berichtet sie.
Seit 21 Jahren ist sie inzwischen als Lehrerin tätig und arbeitet zudem in der tiergestützten Intervention mit landwirtschaftlichen Nutztieren. Für ihr Buch hat sie berufliche und private Erfahrungen verarbeitet. Carmina R. Grundmann kennt neurodivergente Menschen wie ihre Protagonistin, die hochsensitive Jule, oder den Autisten Anders. Heterogenität versteht sie als Chance, über Toleranz und eigene Werte zu reflektieren.
Jule aus ihrem Buch ist feinfühlig. Sehr sogar. Und sie braucht alle Kraft, um mit der brutalen Krankheit ihres Bruders klarzukommen. Wird es sein letzter Sommer sein? Jule reift zur Erwachsenen heran, die mutig, kraftvoll und reflektiert in der Welt der Fakten und Emotionen zu bestehen versucht. Und dann ist da noch Anders. Dieser seltsame, hübsche Anders. Erst fremd, skurril, unnahbar. Doch Jule gibt ihn nicht auf. Und taucht ein in Anders‘ Welt, die Welt aus einer anderen Perspektive. Ist am Ende doch alles ganz anders, als Jule dachte?
„Ich sehe (das) ANDERS“ ist aus zwei unterschiedlichen Perspektiven geschrieben – und nur, wenn man sie beide als Sichtweisen der gleichen Welt akzeptiert, kommt die Wahrheit über Jules Vergangenheit ans Licht – und leuchtet in ihre Zukunft.
Carmina R. Grundmann freut sich sehr, dass in der Kempener Thomas-Buchhandlung bereits einige Exemplare des Romans, der im Rediroma-Verlag erschinen ist, ausliegen. „Ich habe den Roman in Kempen verortet, weil dies schlicht der Schauplatz meiner Kindheit und damit der Ort ist, der mir trotz einiger Umzüge besonders viel Halt gegeben hat... Und Kinder speichern nachweislich (Sinnes-)Eindrücke tiefer und bleibender, als Erwachsene es können.“ Und die Beziehung zu Kempen ist noch immer sehr innig. „Tagesausflüge zum Paddeln auf der Niers und der Kempener Sankt-Martinszug werden mittlerweile von meinen eigenen Kindern quasi traditionell eingefordert…“, berichtet sie lachend.
"Und morgen dann erwachsen" heißt ein anderer Jugendroman, der vom auf- regenden Leben in den 20ern handelt. „Es geht um Chaos, Verantwortung, Druck, Liebe, Freundschaft, Scheitern, Weitermachen ... um sechs junge Freunde, die nach der Schulzeit ins echte Leben stolpern und unvermittelt mit einigen neuen Herausforderungen konfrontiert werden“, beschreibt Gerrit Lenssen den Inhalt. Der 29-jährige, der seit Januar 2023 im BVK Buch Verlag Kempen in der Abteilung Marketing arbeitet, stammt aus Grefrath und hat schon in seinem ersten Buch "Himmel Hölle Fußball", das im Jahr 2021 erschien und eine Sammlung von Kurzgeschichten und Anekdoten rund um den Sport ist, viel Autobiografisches verarbeitet. Der Arete Verlag, der das Erstlingswerk veröffentlichte, schreibt über den Autor: „Prägende Konstante seines Lebens ist der Fußball: Als Fan des VfL Bochum und als aktiver Kicker seit den Bambinis über die harte Zeit der A-Jugend bis hin zu den Senioren in Kreis- und Bezirksliga beim SSV Grefrath. Er kann zu einem satten Vollspannschuss im heimischen Garten, einer gepflegten Runde Fußballgolf oder ei- nem Urlaubskick bei 42 Grad im Schatten niemals Nein sagen.“
„Seit 2022 habe ich am aktuellen Roman gearbeitet - und eine Fortsetzung der Geschichte ist seit diesem Jahr auch schon in Planung“, erzählt Gerrit Lenssen. „Und morgen dann erwachsen“ ist eine authentische Coming-of-Age Ge- schichte, die irgendwo zwischen Bierpong und Bachelorarbeit, Verantwortung und Peter-Pan-Syndrom, stillen Träumen und turmhohen Sorgen spielt. Die sechs Freunde merken auf einer Abschlussfahrt, dass das echte Leben erst jetzt beginnt mit Herausforderungen. Selbstzweifel, Erwartungsdruck und das große Fragezeichen namens Zukunft machen den eigenen Weg komplizierter als gedacht. Der Roman erscheint am 28. Oktober im BVK.