Zum Abschied in den Ruhestand: „600 Jahre Stadtgeschichte”
Niederrhein im Blick,
Kempen. Nein, ein Denkmal habe sie sich nicht setzen wollen, lacht Dr. Elisabeth Friese. Ende November geht die Kulturamtsleiterin und Muse- umschefin in den Ruhestand - und sie verabschiedet sich mit einem ganz eigenen Kapitel der Stadtgeschichte, das zu ihr und ihrem langjährigen Einsatz für Kempen passt.
Denn nach Jahren der Sanierung ist das Städtische Kramer-Museum, das Dr. Friese so viele Jahre betreut hat, nun endlich wieder vollständig eingerichtet und feiert am 5. November sein Re-Opening mit der Ausstellung “600 Jahre Stadtgeschichte”.
Rund zwei Jahre hat es gedauert, diese Ausstellung vorzubereiten. Die Sanierungsarbeiten im Museum boten die Gelegenheit, einen neuen Rahmen für die Exponate zu schaffen. “Eigentlich hätte ich schon im August 2022 in Ruhestand gehen können, aber ich habe verlängert, um das gesamte Projekt bis zum Schluss begleiten zu können”, erzählt Dr. Friese.
Mit Hilfe der Experten von “Die Museums-Designer” aus Recklinghausen, des Teams vom Kulturamt, und dank kräftiger Zuschüsse vom Landschaftsverband Rheinland wurde im Kreuzgang ein völlig neues, modernes Museumskonzept verwirklicht.
An 16 Stationen werden chronologisch fortschreitend 600 Jahre Stadtgeschichte erzählt - von 1294, dem Jahr der Stadtbestätigung Kempens, bis zum damals groß gefeierten Stadt- jubiläum im Jahr 1894.
Die neue Ausstellung zeigt im wesentlichen eigene Exponate und Objekte aus dem Kirchenschatz der Pfarrkirche St. Mariae Geburt, Leihgaben gibt es kaum. Viele der Objekte wurden zuvor noch nie ausgestellt, und so manches Stück hat die letzten 20 Jahre eingelagert in einem Depot verbracht und musste zunächst vom Museums-techniker Matthias Sandmann in einen ausstellungswürdigen Zustand versetzt werden. “Uns war wichtig, die Stadtgeschichte aus eigenen Beständen zu erzählen”, erläutert die verant- wortliche Kuratorin Doris Morawietz.
Der klösterlich-karge Kreuzgang bringt die 16 Stationen, die in die Bögen eingearbeitet wurden, perfekt zur Geltung. Vertikale Beschriftungen erinnern an Buchrücken, die die einzelnen Kapitel einleiten. Die Glasvitrinen wurden eigens für die jeweiligen Exponate gefertigt, Lichtquellen setzen sie gekonnt in Szene. Es gibt zahlreiche Seh- und Mitmach-Erlebnisse, die den Stoff auch für Nicht-Historiker begreifbar machen: Textrollen, die zum Lesen weitergedreht werden müssen, Schubladen, die sich öffnen lassen, eine Zeitungsseite von 1894, deren Aufmacher-Foto durch ein Display mit bewegten Fotos ersetzt wurde u.v.m.
Auch die Exponate selbst nehmen Rücksicht auf den Geschmack eines breiten Publikums. Zu sehen sind u.a. die Madonna aus dem Kuhtor, die berühmte Marienkette, eine Echtheitsurkunde für das Haar der Maria, das Kempen in Vorzeiten zum Wallfahrtsort gemacht hatte, viele Gemälde, Jagdwaffen mit Perlmutt- und Elfenbeinverzie- rungen, Harnische und Hellebarden, ein Nachttopf, wie ihn einst die Franziskanermönche benutzt haben, Feuerlöscheimer, ein Marktkreuz, eine mumifizierte Fledermaus, die bei den Bauarbeiten gefunden wurde, und in einer gläsernen Schublade auf Knöchelhöhe mit der Beschriftung “Superspreader Pest” eine präparierte Ratte, die als Symbol für die Lebensbedingungen im 16 Jh. steht.
Chronologisch eingebunden in diesen Rundgang durch die Geschichte sind auch die beiden an den Kreuzgang angrenzenden Räume, in denen Möbel und Hausrat aus dem 17./18. Jh. bzw. dem 19. Jh. zu sehen sind.
Ein Audiosystem, vermutlich als App fürs eigene Handy, ist in Vorbereitung; bis dahin werden die Besucher dank der Texttafeln und Beschilderungen gut und gern auch allein durch die Ausstellung finden.
Eröffnet wird sie am Sonntag, 5. November. Der Tag beginnt um 11 Uhr mit der offiziellen Eröffnung in der Paterskirche; der Eintritt ist frei.