Und dann trinke ich einmal ganz in Ruhe ein Bier

Niederrhein im Blick,

Kempen. Karneval in Kempen: das Wochenende steht vor der Tür, der Höhepunkt des Straßenkarnevals, der in Kempen zwar in diesem Jahr keinen Zug zu bieten hat, dafür aber, s. Text auf S. 10, jede Menge Karnevalspartys. Mittendrin Prinz Thomas I. mit seinen Töchtern Paulin (21) und Lucie (20). In den letzten Wochen hat er jeden Termin wahrgenommen, nicht nur für einen kurzen Aufzug, sondern mitgefeiert, oft den ganzen Abend lang. Jetzt ist  Endspurt angesagt, am Aschermittwoch geht mit der Session 2024 seine drei- jährige Amtszeit als Prinz dem Ende entgegen. Am 11.11. wird sein Nachfolger proklamiert. Ist der Prinz, der im bürgerlichen Leben Thomas Härtel heißt, glücklich am Ende des Tages?
Wenn die Tage gezählt sind, dann rechnet man eben in Stunden. Und genau das tut der Prinz. “Von der Narrenmesse am 4. Februar an sind es noch exakt 216 Stunden”, sagt er augenzwinkernd. Und diese Stunden wird er so nutzen, wie er sämtliche 51 Termine in diesem Jahr genutzt hat: als Botschafter des Karnevals und als Vermittler zwischen den Vereinen und Gruppierungen.
Der Prinz ist 58 Jahre alt und schon seit Jahrzehnten im Karneval aktiv. Der gebürtige Düsseldorfer stand als Junge schon als Zeremonienmeister mit auf der Bühne. Vor gut 40 Jahren ist er nach  Kempen gezogen und hat damals gleich damit begonnen, sich die Vereine anzuschauen. Den 11er Rat, die Prinzengarde, die Feuerwehr, die Funkenartillerie  - manches gefiel ihm, manches nicht, und manches ist bis heute ein Teil seines Lebens und findet sich in den Symbolen auf seinem Prinzenorden wieder.
Dass er selbst “eimol Prinz” werden würde, steht schon lange fest. Geplant war das eigentlich für das Jahr, in dem er 60 Jahre wird. Aber dann fiel einer der Prinzen-Kandidaten aus, und Thomas Härtel war an der Reihe. “Auf zwei, drei Jahre kommt´s ja nicht an.” Seine Eltern führten die Narrenschar 1992 als Prinzenpaar Manfred und Irene an. Die Narrenkappe des inzwischen verstorbenen Vaters hat Thomas Härtel aufarbeiten lassen und trägt sie selbst voller Stolz, denn “so löpt er immer mit”.
Anders als sein Vater und die meisten anderen Prinzen, organisiert Thomas I. seinen Karneval jedoch selbst. Und das hat zwei Gründe: erstens ist er zugleich Geschäftsführer des  Kempener Karneval Komitees, kümmert sich seit Jahren um die Sicherheits- konzepte, hält die Kontakte zu den Behörden, zum Rettungsdienst, zur Stadt und zugleich zu allen Karnevalsvereinen.  Und zweitens ist der Sanitär- und Heizungsmechanikermeister ein Mann der Tat, der seinen Prinzenwagen mit Hilfe von Thomas Lemkens und von dem im letzten November verstorbenen Markus Berg  eigenhändig gebaut hat, der die Karnevalstermine per excel-Tabellen verwaltetet, bei Bedarf neue Software installieren lässt, das Festzelt organisiert, das Wurfmaterial selbst einkauft - und ganz nebenbei mit nur einem Mitarbeiter seinen Betrieb  auf der von-Galen-Straße am Laufen hält, wo im übrigen auch der mobile Brandübungs-container des von ihm gegründeten Feuerwehr- Aus- bildungszentrums steht.
Schade, dass der Tag nur 24 Stunden hat, bleibt da zu sagen. Doch Thomas Härtel   beklagt sich nicht. Auch nicht über die Kosten fürs Wurfmaterial, für das  Or-nat, die Einkleidung der beiden Töchter, die 600 Prinzenorden, die er hat  machen lassen, dazu noch  150 Brauchtumsorden und selbst designet Dankeschön-Orden: “Wenn man weiß, dass man Prinz werden möchte, kennt man die Kosten und spart dafür.”
Seinen großen Erfahrungsschatz will der Vollblut-Prinz auch seinem Nach- folger zur Verfügung stellen. “Ich bleibe Geschäftsführer des KKV und werde dem neuen Prinzen zur Seite stehen.”.

Das gilt für Organisatorisches und auch, so hofft Prinz Thomas, für den Kontakt zu den anderen Karnevalsvereinen. Mit dem Prinzen-Abend im KUBA hat er eine neue Idee verwirklicht, die hoffentlich Schule machen wird. Er hat sich dafür stark gemacht, die Karnevalstreibenden an einen Tisch zu holen, um Animositäten und alte Querelen zu überwinden: “Wir haben hier in Kempen eine gute Stube, da sollten alle versammelt sein”. Wichtig findet er auch, dass manch einer von den Altvorderen lernt lozulassen und mancher Neuling lernt, Verantwortung zu übernehmen.
Es bleibt also viel zu tun. Aber am Dienstag Abend, wenn der Hoppeditz verbrannt ist, dann will er sich - in seinem eigens dafür  entworfenen T-Shirt - einmal zurücklehnen und  ganz in  Ruhe ein Bier trinken. Aber nur eins, denn am nächsten Morgen stehen schon wieder neue Aufgaben an: “Nach dem Karneval ist vor dem Karneval”, sagt er lachend. Und das klingt, um die Eingangsfrage zu beantworten, glücklich.                        

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