Pappbecher und Pizzakarton: Use me, baby, one more time

Niederrhein im Blick,

Niederrhein. Nur 10 Minuten lang wird ein Getränkebecher genutzt, bevor er in den Müll wandert und sich dort zu den 55.000 Tonnen Abfall gesellt, die jährlich in Deutschland allein durch Getränkebecher anfallen. Damit, so hat die Verbraucherzentrale NRW errechnet, hat der Becher die Plastiktüte als Abfallverursacher im Alltag über-holt. Ähnlich schlimm ist die Lage bei den Imbiss-Einwegverpackungen: Teller, Boxen und Schalen summieren sich laut Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung auf jährlich über 155.000 Tonnen Abfall, darunter fast 50.000 Tonnen Pizzakartons. Tendenz seit dem Coronabedingten Lieferservice: kräftig steigend. Damit soll bald Schluss sein. Zwei Drittel des gesamten Einweggeschirrs und der To-go-Einwegverpackungen bringen Systemgastronomie, Imbisse und sonstige Gastronomie in Umlauf.
Ab 1. Januar 2023 sind sie verpflichtet, auch Mehrwegbehälter zum Mitnehmen und Bestellen anzubieten. Das gilt dann übrigens EU-weit. Eine Ausnahme soll es für kleine Betriebe geben - etwa Imbissbuden - mit maximal fünf Beschäftigten und maximal 80 Quadratmetern Verkaufsfläche. Sie sollen Speisen und Getränke auch in mitgebrachte Behälter abfüllen können und ihre Kunden deutlich auf diese Möglichkeit hinweisen. All das muss vorbereitet werden, und so stellen die Kommunen derzeit kreisweit gemeinsam mit dem Abfallbetrieb des Kreises Viersen, dem DEHOGA Nordrhein e.V. und der IHK Mittlerer Niederrhein ihren Gastronomen Lösungswege vor.
In Kempen sind beispielsweise 98 Betriebe - Bäckereien, Cafés, Gaststätten, Imbissbetriebe, Restaurants, Hotels, Caterer und Lebensmittelmärkte - eingeladen, an einer kreisweiten Mehrweg-Initiative teilzunehmen, bei der unter dem Motto „Wir gehen den Mehrweg – gehen Sie mit!“ rechtliche Vorgaben und der hygienische Umgang mit Mehrweggeschirr erörtert werden und Mehrweg-Systemanbieter wie FairCup, Recup und Vytal sich und ihre Produkte vorstellen.
Eine Einladung, die auf Interesse stößt, wie Lisa Thiele vom Restaurant Ercklentz unterstreicht: „Durch die Pandemie wird einem nochmals vor Augen geführt, welches Ausmaß der Verpackungs-Wahnsinn, das To-go-Geschäft, mit sich bringt. Deswegen haben wir intern schon Regelungen getroffen, Speisen mit möglichst wenig Verpackungsmaterial rauszugeben. Alles unter dem Anspruch die Qualität nicht darunter leiden zu lassen“.
 Die kreisweite Mehrweg-Initiative begrüßt sie und geht davon aus, dass bei dem Mehrweg-Geschirr „etwas Passendes dabei ist und wir sind gewillt, dieses auch umzusetzen.“
„Sehr interessiert“ ist auch Willi Hirschmann vom et kempsche Huus, der ebenso wie Christoph Wefers vom Falko und Petra Bellen-Bielinski vom Haus Bellen die Einladung nutzen will, um sich Musterexemplare der Mehrweggeschirre anzuschauen.
Bis 16. Februar ist das nach vorheriger Terminvereinbarung unter E-Mail: alexandra.arnhold@ kempen.de im Rathaus möglich; für Tönisvorster und Grefrather Betriebe gibt es entsprechende Angebote vor Ort; weitere Infos unter www.kreis-viersen.de/mehrweg
Wer sein Mehrweg-System schon in diesem Jahr etabliert, soll eine finanzielle Unterstützung durch den Abfallbetrieb des Kreises Viersen bekommen. Aus guten Gründen, denn Stadtreinigung und Kommunen haben mit wachsenden Abfallbergen, überfüllten Mülleimern und mit dem so genannten wilden Müll zu kämpfen, der zu einem großen Teil aus Einwegbechern besteht. Letztere machten nach Angaben der Verbraucherzentrale NRW bis zu 15 Prozent der Müllmenge in den öffentlichen Abfalleimern aus und gehören zudem zu den am häufigsten „gelitterten“, also achtlos weggeworfenen Abfällen; ihre Entsorgung verursacht für die Städte - und damit für alle, die Steuern und Abgaben zahlen – unnötige Kosten. „Mit dem Wegwerfen setzt oft Verwahrlosung ein, denn wenn die Umgebung schon vermüllt ist, sinkt die Bereitschaft der Passanten, Müll ordentlich zu entsorgen. Auch Vandalismus wird wahrscheinlicher“, so die Verbraucherzentrale. Als Hauptverursacher des Litterings stehen in der Öffentlichkeit die großen Systemgastronomen wie Mc Donalds, Burger King und Co. am Pranger. Auch für sie gilt die Mehrweg-Pflicht ab 2023. Geplant sind eigene Pfandsysteme, die McDonalds Ende vergangenen Jahres deutschlandweit in 11 seiner Läden bei bestimmten Produkten getestet hat. Pro Verpackung wurde 1 Euro Pfand erhoben, die bei Rückgabe zurückerstattet wurden. Auch Wettbewerber Burger King will Soft-Drinks, Kaffee und Burger in wieder verwendbaren Plastikboxen und -bechern anbieten, die etwas teurer sind. Wird die Verpackung zurückgegeben, bekommen Kunden diesen Betrag wieder gutgeschrieben. 

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