Ob schuldig oder nicht - nur der Anwalt kann helfen

Niederrhein im Blick,

Fast jeder ist im Internet präsent und vor allem im Internet aktiv. Jeder getätigte „Klick" kann - bewusst oder unbewusst - als Rechtsakt eine Ursache setzen, die eine Rechtsfolge nach sich zieht. Derzeit wird die Region von Abmahnungen überzogen, bei denen es um angebliche illegale Downloads geht. NiB sprach mit dem Rechtsanwalt Ernst Kühnel von der Duisburger Partnerschaftsgesellschaft Wöstefeld/Kühnel/Wiechert über das Thema.
Nach Infos aus unserer Leserschaft gibt es zurzeit eine regelrechte Abmahnwelle. Seit wann rollt diese Welle und welche Dimension hat sie?
Die von Ihnen angesprochene Abmahnwelle ist kein so aktuelles Erscheinungsbild, wie man auf dem ersten Blick meinen könnte. Diverse Rechtsanwaltskanzleien haben sich seit rund 5 bis 10 Jahren darauf spezialisiert, das Internet auf mögliche Rechtsverletzungen zu durchforsten. Hierzu wird gezielt über Suchmaschinen und unter den bekannten Portalen, den sogenannten Peer-to-Peer-Netzwerken (sogenannte „Filesharing-Netzwerke", besser bekannt als „Online-Tauschbörsen") nach Urheberrechtsverletzungen, insbesondere durch den Download von Tonaufnahmen bekannter Musiktitel gesucht. Nach Sicherstellung der beweiserheblichen Daten darf dann der Internet-User mit einer Abmahnung wegen unerlaubter Verwendung urheberrechtlich geschützter Tonaufnahmen rechnen. Mit dieser Abmahnung ist gleichzeitig die Aufforderung verbunden, einen bestimmten Schadensersatzbetrag für die unerlaubte Nutzung der Tonaufnahme zu zahlen.
Um welche Summen geht es dabei?
Die Beträge variieren je nach Einzelfall in einem Bereich von 300 bis 1.000 Euro, sofern der rechtswidrige Download einer Tonaufnahme vorgeworfen wird.
Und was kann man dagegen tun?
Ein effektiver Schutz kann nur durch eine gezielte Kontrolle des Zugangs zum Internetanschluss gewährleis- tet werden. Fast jeder Haushalt besitzt mittlerweile ei-nen Internetanschluss, vernachlässigt wird oftmals die Kontrolle des Zugangs zu diesem Internetanschluss. Über W-LAN-Netze sind die Internetanschlüsse meist zu-gänglich, wenn auch überwiegend durch Kennwörter, jedoch vielleicht teilweise unzureichend gesichert. Oftmals wird gedankenlos einem (fremden) Dritten ein Zugang ins Internet über das eigene W-LAN Netz zur Verfügung gestellt, ohne sich über die Folgen des zur Verfügung gestellten Internet-Zugangs bewusst zu werden. Prinzipiell kann somit ein Dritter durch einen erlaubten oder rechtswidrig verschafften Zugang zu einem Internetanschluss („gehackter" Internetanschluss über das W-LAN Netz) eine Urheberrechtsverletzung begehen, für die man als Internetanschluss- Inhaber haftbar gemacht werden kann. Die Sicherung des eigenen Internetanschlusses und die regelmäßige Kontrolle hierüber ist somit elementare Voraussetzung, um sich vor derart ärgerlichen und zeitweise teuren Abmahnungen zu schützen.
Falls die Vorsorge zu spät kommt, was sollte man tun, wenn ein Abmahnschreiben eintrifft?
Die Zustellung einer solchen Abmahnung sollte man sehr wohl ernst nehmen, zumal durchweg zeitlich sehr kurz gesetzte Fristen zur Abgabe bestimmter rechtserheblicher Erklärungen, wie der sogenannten „strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung", gesetzt werden.
Oftmals ist man sich als Adressat keiner Schuld bzw. keiner Rechtsverletzung bewusst. Dennoch sollte man die Abmahnung nicht ungeprüft und unbeantwortet liegen lassen, sondern Rechtsrat bei einem Anwalt des Vertrauens suchen, der die vorgeworfene Rechtsverletzung anhand der dann gegebenen Sach- und Rechtslage prüft und mit seinem Mandanten die weitere Vorgehensweise abstimmt.
Was macht der Anwalt?
Ist die Rechtsverletzung anhand der vorgelegten Unterlagen, Daten und Beweismittel nachvollziehbar, so gilt es Schadensminderung zu betreiben und sich mit der Gegenseite auf einen angemessenen Schadensersatzbetrag zu einigen. Aus unserer Praxis heraus können wir berichten, dass solche Vergleichsverhandlungen teilweise über Monate, in Einzelfälle sogar über Jahre hinweg geführt werden. Auf welchen Schadensersatzbetrag sich die Parteien letztendlich einigen, ist sicherlich dem speziellen Sachverhalt, insbesondere der Intensität der nachweisbaren Rechtsverletzung und vor allem dem Verhandlungsgeschick der Parteien geschuldet.
Beispielhaft nahmen wir im Jahre 2010 einen Rechtsfall an, der den Down- bzw. Upload eines Musiktitels betraf. Während erste Schadensersatzforderungen der Gegenseite auf 750 Euro lauteten, verglichen wir uns für unseren Mandanten mit der Gegenseite auf einen eher symbolischen Betrag von 50 Euro. Zweifelsohne dürfte dies einen Einzelfall darstellen, jedoch zeigt gerade dieser Fall die Bandbreite des Möglichen, bzw. Machbaren.
Was empfehlen Sie?
Wir können jedem Inhaber eines Internetanschlusses nur dringend empfehlen, seinen Internetanschluss so gut wie möglich gegen unbefugten Zutritt Dritter zu schützen. Insbesondere Kinder und Jugendliche sind mit diesem Rechtsproblem ausgiebig vertraut zu machen, schließlich hat es jeder von uns schon einmal erlebt, dass Freunde und Bekannte der Kinder zu Besuch waren, denen man ohne Weiteres einen Internetzugang drahtlos über W-LAN für Handys oder mobile PC gewährt.
Ein Leser berichtet, dass er trotz technischer Vorkehrungen und ohne den Zugang zum Internet Dritten gewährt zu haben, eine Abmahnung wegen illegaler Downloads bekommen hat, wobei besagte Downloads bemerkenswerterweise stattgefunden haben sollen zu einem Zeitpunkt, zu dem der Beschuldigte in Urlaub weilte. Was raten Sie in solchen Fällen?
Die Antwort auf diese Frage wird bei Ihrer Leserschaft keine Freude aufkommen lassen; ist die Rechtsverletzung über den Internetanschluss tatsächlich dokumentiert und somit nachweisbar, so haftet der Inhaber des Internetanschlusses für über seinen Anschluss begangene Rechtsverletzungen. Das Verschulden des Anschlussinhabers wird dabei grundsätzlich, zumindest aus den Grundsätzen der sog. „Störerhaftung" vermutet, so unverständlich das auch klingen mag. Gelingt es dem Betroffenen nicht, wovon regelmäßig auszugehen ist, den tatsächlichen Täter namentlich zu benennen, so hilft nur der detaillierte Nachweis, dass man als Anschlussinhaber keinesfalls der Täter sein kann. Dies kann z.B. durch Vorlage aussagekräftiger Unterlagen gelingen, wonach der Inhaber selbst und seine Mitbewohner zur Tatzeit urlaubsbedingt von zu Hause abwesend waren. Ist dieser Nachweis erbracht, gilt es die nächste Hürde zu nehmen, nämlich die Absicherung des eigenen Internet- anschlusses gegen unbefugten Zugriff Dritter nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofes zu belegen. Sie sehen, spätestens hier bleibt einem der Gang zum Rechtsanwalt nicht erspart, um zumindest auf das Verhandlungsgeschick des beauftragten Rechtsanwaltes zu hoffen.

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