Märkchen sammeln bei Pils und Schnitzel

Niederrhein im Blick,

Egal wie feucht-fröhlich der Vorabend war - spätestens am nächsten Tag stehen die Gäste auf der Matte, um ihre Weihnachtsmärkchen abzuholen. „Hab ich ganz vergessen gestern abend", den Satz hat Armin Horst schon oft gehört, seit es im „Ellenpoort" und im „Treppchen" zum Pils und auch zum Forstmeister Schnitzel Weihnachtsmärkchen gibt. Als Vollmitglied im Werbering Kempen genießt Horst das Privileg, Kempens Zweitwährung auszahlen zu dürfen. Und hat damit einen Riesenerfolg.
Fünf Jahre ist es her, dass der Werbering beschloss, die weit über Kempen hinaus beliebte Weihnachtsmärkchenaktion auf die Gastronomiebetriebe auszuweiten. Armin Horst, heute zweiter Vorsitzender des Werberings, ist der einzige Gastronom Kempens, der die Kosten einer Vollmitgliedschaft nicht scheute und, wie er heute sagt, mit dieser Entscheidung goldrichtig lag. Ob's die hohen Bargeldpreise sind oder nostalgische Gefühle angesichts der guten alten Märkchensammelei - die alljährliche Aktion des Werberings boomt auch im 45. Jahr.
Seit letzten Samstag sind die Märkchen wieder im Umlauf, rotbraune diesmal und zum ersten Mal selbstklebende. Wer noch Restbestände aus den Vorjahren hat, darf diese gerne dazukleben, sagt Werbering-Vorsitzender Reinhard Stein. Im Kleinen wie im Großen will man die Weihnachtsverlosung so komfortabel und so interessant wie nur möglich machen. "Wir wollen den Kunden gerne etwas zurückgegeben dafür, dass sie uns die Treue halten". Und das sollen handfeste Preise sein.
1968, als der Werbering Kempen gegründet wurde, und auch in den Folgejahren wurden Autos als Hauptpreis verlost. „Nach drei, vier Jahren haben wir dann festgestellt, dass das nicht im-mer passte. Zum Beispiel weil der Hauptgewinn an eine Oma ging, die keinen Führerschein hatte, oder an Leute, die schon zwei Autos hatten und kein weiteres brauchten", erinnert sich Rolf Beckers vom Werberingvorstand. Die Rückgabe der Wagen an den Autohändler sei oft schwierig und auch mit finanziellen Verlusten verbunden gewesen.
„Geld kann ja jeder brauchen", so Beckers, und so ging man Anfang der 70er Jahre zu Bargeldpreisen über. Welche Gesamtsumme dabei ausgeschüttet wurde, hat der Werbering nie errechnet. Überschlägig dürfte in den 45 Jahren aber „locker eine halbe Million Euro" zusammengekommen sein, meint Rolf Beckers.
Kein Wunder also, dass die Weihnachtsverlosung so beliebt ist. In der Lostrommel fanden sich schon Karten aus Australien und gelegentlich sind auch Preise ins Ausland gegangen. Die allermeisten bleiben natürlich in der Rgion Kempen und so soll es ja auch sein. „Ab Herbst warten die Kunden auf die Märkchen und manchmal werden größere Anschaffungen sogar vertagt, bis es dafür Märkchen gibt", erzählt Reinhard Stein.
Eine Strategie, die Armin Horst nicht fürchten muss, denn getrunken und gegessen wird ja immer. Aber auch hier steigt der Umsatz ab Ende Oktober und zwar aus einem höchst ungewöhnlichen Grund. Während die Damenwelt die Kneipenbesuche der Männer ansonsten eher ungern sieht, tauchen zur Weihnachtsmarkenzeit viele männlichen Gäste im Auftrag auf: entsandt von der Gattin zum Märkchensammeln... Wunderbare Weihnachtswelt ist halt, wenn sich alle verstehen.

   

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