169 Tafeln erinnern an die Opfer rechter Gewalt

Niederrhein im Blick,

Es wird wohl den meisten Besuchern so gehen wie dem Bürgermeister. „Dass rechte Gewalt ein solches Ausmaß hat, war mir nicht bewusst”, sagt Volker Rübo angesichts der 169 Opfer, die seit gestern in der Ausstellung „Opfer Rechter Gewalt 1990- 2012” im Kreuzgang des Kulturforums Franziskanerkloster zu sehen sind. 169 Tafeln stehen hier für die Todesopfer rechter Gewalt.
Auf einigen Tafeln ist ein gerastertes Foto der getöteten Person abgebildet. Auf allen Tafeln finden sich Angaben zu dem Opfer, Name, Alter oder Beruf. Zudem wird der tödliche Angriff knapp skizziert. Ein Beispiel: “Josef Anton Cera, 59 Jahre, Renter aus Bochum”, den zwei Rechtsextreme mit einem Stahlrohr malträtierten, bis er starb. Oder ein weiteres: “Dieter Eich, Sozialhilfeempfänger”, der in Berlin-Pankow vier Jugendlichen begegnete, die unterwegs waren, um „einen Assi zu klatschen”. Sie töteten den wehrlosen Mann.
Manche der Fälle kennt man. Aktuell die Opfer der Mordserie der NSU, aber auch die Brandanschläge von Solingen oder Mölln sind noch im (kollektiven) Gedächtnis. Die allermeisten jedoch hat man vergessen - oder wie bei den genannten Beispielen hat man nie davon gehört. Der Verein Opferperspektive e.V. und die Ausstellungsdesignerin Rebecca Forner haben es sich zur Aufgabe gemacht, den Opfern Namen und Gesichter zu geben, sie in Erinnerung zu rufen.
Schon seit 2004 ist die Wanderausstellung, die nun auf Initiative des Multikulturellen Forums in Kempen angekommen ist, in Deutschland unterwegs und ist an über 120 Standorten gezeigt worden. Bis zum 8. Dezember wird sie im Franziskanerkloster zu sehen sein: dienstags von 11 bis 17 Uhr, mittwochs von 14 bis 17 Uhr, donnerstags von 14 bis 18 Uhr und an den Wochenenden von 11 bis 17 Uhr; der Besuch ist kostenlos.
Die Volkshochschule des Kreises Viersen bietet zur Ausstellung zwei Vortragsabende an. Am Donnerstag, 21. November, um 20 Uhr erläutert Dr. Christian Pfeifer, wissenschaftlicher Referent beim Verfassungsschutz NRW, in der Burg, Thomasstraße 20, Raum 118 in seinem Vortrag “Erlebniswelt Rechtsextremismus”, wie Rechtsextreme heutzutage Jugendlichen zu ködern versuchen. Eine Woche später, am Donnerstag, 28. November, ebenfalls um 20 Uhr und an gleicher Stelle folgt das Referat von Prof. Dr. Bruno Hafeneger von der Uni Marburg über das Thema „Rechte Jugendcliquen”. Auch bei den Vorträgen ist der Eintritt frei. 

Täter, Opfer, Zuschauer

Zwischen die 169 Porträts sind bunte Urlaubspostkarten aus deutschen Städten montiert: Gastfreundschaft und heile Welt vs. Hass und Gewalt. Und es gibt drei Spiegel mit den Aufschriften „Täter?", „Opfer", „Zuschauer?", denn rechte Gewalt kann jeden treffen.
„Ich bin ganz klar davon überzeugt, dass ich helfen muss, wenn jemand angegriffen wird. Ich weiß aber auch, dass ich in einer solchen Situation Angst haben werde. Wenn ich eingreife, laufe ich selbst Gefahr, angegriffen zu werden. Wenn ich aber nicht eingreife, mache ich mich zur Mittäterin. In diesem Widerspruch bewege ich mich und ich will, dass auch die Besucher darüber nachdenken", sagt die Ausstellungsmacherin Rebnecca Forner.
Infos zum Umgang mit der rechten Szene, zum Beispiel für Kneipiers, die ihre Räume nicht an Neonazis vermieten wollen, und andere praktische Hinweise, findet man unter www.mut-gegen-rechte-gewalt.de oder www.netz-gegen-nazis.de 

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