Ein „Rückschnitt” mit erheblichen Folgen

Niederrhein im Blick,

Kempen. Für „eine fatale Fehlentwicklung" hält der Werbering Kempen die Entscheidung, den ehemaligen Geschäftsstandort Heitzer an der Ecke Ellenstraße/Hessenwall in Wohnraum umzuwandeln.
„Fußgängerzonen, deren Ladenflächen vom Rand her - in immer kürzer werdenden Zeitabständen - dezimiert werden, verlieren stark an Attraktivität für Besucher und Kunden. Mit fatalen Wirkungen für den Einzelhandel und den Tourismus in unserer schönen Stadt". Mit genau dieser Dezimierung scheint sich die Stadtverwaltung schon abgefunden zu haben. "Um Leerständen vorzubeugen, könnten die jeweiligen Enden der Einkaufstraßen entkernt und dem Wohnungsbau gewidmet werden", teilte sie dem Einzel- handelsverband jüngst ihre Einschätzung mit. Dieser "Rückschnitt" hätte jedoch erhebliche Folgen.
Der Werbering befürchtet, dass potentielle Kunden "schon in der Mitte der Ellenstraße umdrehen, weil am Ende kein sehenswerter Laden mehr zu sein scheint. Geschäftslokale, die sich ehemals inmitten einer Geschäftsstraße befanden, geraten dadurch plötzlich in eine Randlage. Durch diese dann schlechtere Lage folgen geringere Kundenfrequenzen, Minderung von Umsätzen bei den Händlern, Leerstände und sinkende Mieteinnahmen bei den Eigentümern, so dass weitere Erosionen zu befürchten sind".
Zum Beispiel Angelika Jarren vom Elektrowaren-Geschäft „electra": „Ich war geschockt wie man mit den Wünschen der Anwohner umgegangen ist. Das hat Signalcharakter für weitere Bauvorhaben. Ich schaue jetzt genau hin, was passiert und werde mir andere Standorte schon mal anschauen".
Ähnlich sieht das auch Wilhelm-Josef Heinen: „Wie konnte die Stadt diesem Vorhaben zustimmen? Hier wurden die ansässigen Geschäftsleute einfach außen vor gelassen? Wenn das Schule macht, wird alsbald die Van-Broich-Passage folgen. Und was heißt hier eigentlich bezahlbarer Wohn- raum mitten in der Stadt? Er meint: Für ältere Bürger fehlt ja genau die fußläufige Geschäftsanbindung und für jünge Familien sind die Mieten einfach zu hoch in Kempen".
Er meint: „Ich fühle mich mehr als gegängelt von der Stadtverwaltung und kann dieses Verhalten einfach nicht gutheißen".

Marion Breuer-te Heesen hat bereits die Reißleine gezogen. Aus Angst, in einer Randlage keine vernünftigen Umsätze mehr zu machen, zieht sie schon in den nächsten Wochen um. Sie hat Verständnis für beide Seiten, sieht aber keine Unterstützung des Handels durch die Stadt.
Von ehemals 33 Ladenlokalen auf der Ellenstraße sind schon aktuell nur noch 7 übrig. Und andere Straßen werden ein ähnliches Schicksal erleiden, prognostiziert der Werbering.
Betroffen wären von einer Entkernung der so genannten C-Lage auch die Immobilienbesitzer, deren Häuser in diesem Bereich keine gewerblichen Mieten, sondern nur noch Wohnungsmieten abwerfen würden. Zudem, so der Werbering, stehe zu befürchten, dass sich die neuen Bewohner durch Märkte und andere Veranstaltungen auf der jeweiligen Straße, aber auch durch den allgemeinen Lärm in den Fußgängerzone belästigt fühlen könnten, was die Chancen für eine lebendige Altstadt einschränken könnte.
Desungeachtet hat der Denkmalausschuss der Stadt vor wenigen Tagen sein Okay gegeben, das ehemalige Heitzer-Gebäude umzubauen in ein Wohnhaus auf zwei Etagen und ausgebautem Dachgeschoss mit ingesamt 18 kleineren Miet- wohnungen und sich dabei auf eine städtebauliche Studie berufen, die das Planungsbüro Wachten nach zwei Workshops mit dem Investor und seinem Architekten erstellt hatte.
Dem Werbering, der sich gerne an diesen Workshops beteiligt hätte, wäre eine andere Nutzung viel lieber gewesen: das Krefelder Sportgeschäft Borgmann hatte sich für den Standort interessiert, um dort eine Filiale zu eröffnen. Auch Rainer Hamm, Dipl.-Kaufmann, tätig im Einzelhandel und Eigentümer zweier Häuser auf der Ellenstraße mit Geschäftslokalen, bedauert die Option mit dem Ankermieter Sport Borgmann, akzeptiert aber natürlich die Entscheidung des Eigentümers.

Weniger Verständnis hat er für die Ausführungen des Technischen Beigeordneten Stephan Kahl, dass es zu viele Einzelhandelsgeschäfte gebe. Genau das Gegenteil sei beim Klosterhof als Argument angeführt worden. Hamm: „Schade, die Ellenstraße ist eine von den vier Hauptgeschäftsstraßen, die den Kern von Kempen ausmachen. Der Bedarf an Geschäften wird nach wie vor da sein. Die Geschäfte sind verantwortlich für die Straße und nicht die Straße für die (florierenden) Geschäfte. Es kann nur gemeinsam und miteinander zum Wohle der Stadt gehen".

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