7 x 11 Jahre: beim 11er Rat knallen die Korken
Niederrhein im Blick,
Kempen. Ein wahrhaft närrisches Jubiläum feiert der 11er-Rat Kempen am 3. Februar im Rahmen seiner Jubiläums-Kostümsitzung: 7 x 11 Jahre hat der Verein schon erlebt. Seine Geschichte beginnt im Jahr 1947, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg.
Die Menschen wünschten sich damals nach den düsteren Jahren wieder Frohsinn und Heiterkeit. Innerhalb der damaligen Kempener Kolpingsfamilie kam der Gedanke auf, eine Karnevalssitzung zu organisieren. Doch es sollte noch ein wenig dauern, bis sich diese Idee durchsetzte. 1947 kann als das eigentliche Gründungsjahr der Gesellschaft bezeichnet werden. Unter der Leitung von Heinrich Poethen als Regisseur, nahm Jakob Averbrock als Präsident das Zepter in die Hand und die Planung der ersten Sitzung nahm ihren Lauf. Weitere gestandene Kempener Handwerker standen dem Präsidenten und dem Regisseur tatkräftig zur Seite:
Michael Hegger, Heinrich Jansen, Peter Jansen, Peter Kiewitz, Willi Kleinebrecht, Vater Wilhelm Krabler und Sohn Ludwig, Josef Kresken, Otto Pesch und Otto Wiedefeld waren die Herren der ersten Stunde.
Weil die Propsteikirche durch den Krieg zerstört war, diente der Saal des alten Kolpinghauses damals als Notkirche. So musste noch nach Ende der am Samstagabend stattfindenden Sitzung alles wieder abgebaut werden, damit der Gottesdienst am Sonntagmorgen stattfinden konnte. Nach dem Gottesdienst erfolgte dann der erneute Aufbau für die Sitzung am Sonntagabend. Ein Kraftakt, der aber bestens gemeistert wurde.
Ein gekauftes Programm gab es nicht, alles selbst bestritten. Der Kolping-Karneval kam bestens an. 1953 hatte sich die Zahl der Sitzungen bereits auf vier gesteigert. In den Unterlagen von 1955 heißt es, dass „die Kolping-Söhne mit einem sauberen Programm die Angehörigen und die Bürger der Stadt Kempen verwöhnt haben“. Die Zahl der Sitzungen stieg in den Hochzeiten auf sieben.
Eintrittskarten zu bekommen, war indes keine einfache Sache. Wer jemanden kannte, der im 11er-Rat aktiv war, sprach diesen an. Mit Beziehungen ging es einfach leichter. Einen offiziellen Kartenverkauf im klassischen Sinne gab es nicht.
Im Kohlengroßhandel von Hans Averbrock konnten so Karten beim Einkauf des Heizmaterials gleich mitgeordert werden. „Ich weiß noch, wie wir uns gefreut haben, als mein Vater nach Hause kam und voller Stolz berichtete, dass er Karten für eine Sitzung bekommen hatte“, erzählt Geschäftsführer Jürgen Pascher, der selber seit 2004 dem Elferrat angehört.
Die sehr gut besuchten Veranstaltungen sorgten dafür, dass sogar die Musiker aufpassen mussten, damit sie einen Stuhl erhielten. Der Spaß an der Freud hielt lange an. So manche Sitzung am Montag, die so genannten Bäcker- und Metzgersitzungen, zog sich bis in den frühen Dienstagmorgen hinein.
Seit 1974 zeichnet der 11er-Rat Persönlichkeiten, die sich besonders um den Karneval verdient gemacht haben, mit dem Titel „Dr. humoris causa“ aus. Dazu gibt es eine Ernennungsurkunde, lebenslang den Sessionsorden und eine jähr- liche Leibrente von 111 Pfennigen beziehungsweise heute 111 Cent. Die Ehrung erfolgt dabei nicht nach einem festen Rhythmus, sondern dann, wenn ein Bürger da ist, der diese spezielle Auszeichnung besonders verdient.
Verdiente Aktive, die beim 11er-Rat-Kempen aus der ersten Reihe zurücktreten, können seit 2011 als passive Mitglieder weiter Teil der Gemeinschaft sein. Sie werden zu Ehrensenatoren ernannt.
Was einst aus der Kolpingsfamilie erwachsen ist, steht seit Ende 2018 auf eigenen Beinen. Damit entfällt unter anderem die Klausel, dass jedes 11er-Rat-Mit-glied auch Mitglied der Kolpingsfamilie sein muss, so wie es vorher der Fall war. „Wir sind nun zwar in Eigenregie unterwegs, stehen aber weiterhin unter der Schirmherrschaft von Kolping“, berichtet Vorsitzender Armin Horst, der seit Eintritt ins Rentenalter endlich Zeit gefunden hat, sich aktiv beim 11er-Rat Kempen einzubringen.